Roon – The music player for music lovers

Im Jahr 2017 habe ich zum ersten Mal von dem Softwarepaket “Roon” gelesen. Angesichts des Leistungsumfangs war mein Interesse sofort geweckt. Seit 2018 bin ich Besitzer eines “Roon Lifetime Memberships”. In diesem Artikel möchte ich ein paar Informationen und meine Erfahrungen für Interessierte zusammenfassen.

Geschichte

Teile der Mannschaft der Firma Roon Labs besteht aus Mitarbeitern, die vorher für das 2001 gegründete Unternehmen Sooloos gearbeitet haben, welches 2008 von Meridian gekauft wurde. Roon Labs wurde 2015 gegründet, um das vorhandene Konzept weiterzuentwickeln und als eigenständige Softwarelösung zu vertreiben.

Die Lizenzierung

Roon ist natürlich ein kostenpflichtiges Produkt. Der Benutzer kann nach einer 14-Tage Testlizenz ein jährliches Abo abschließen (derzeit USD 119,-), oder ein Roon Lifetime Membership um derzeit USD 499,- erwerben. Diese Kosten fallen für den Betrieb eines Roon Servers an.

Das Konzept

Die Konzeption des Roon Ökosystems ist auf den ersten Blick nicht ganz leicht zu durchblicken. Neben der Leidenschaft für (digitale) Audiowiedergabe ist ein solides Maß an Computer- und Netzwerkkenntnissen nicht von Nachteil. Im Wesentlichen besteht das Roon System aus drei Komponenten

  • Roon Core (=Roon Server)
  • Roon Control Apps (=Bedienung des Roon Systems)
  • Roon Outputs (=Wiedergabegeräte, die mit dem Roon System kompatibel sind)

Roon Core

Für den Betrieb des Servers (Roon Core) gibt es seitens Roon die Empfehlung, dedizierte Hardware zu verwenden. Je nach Anforderungsprofil wird ein Gerät mit Intel i5 oder i7 Prozessor, 8 oder 16GB Hauptspeicher und einer Festplatte für die Serversoftware, die Datenbank und die Logfiles empfohlen. Die Software gibt es für Windows, Mac und Linux. Darüber hinaus stellt Roon ein Paket namens ROCK zur Verfügung. Diese Distributionsvariante enthält ein reduziertes Linux Betriebssystem inkl. Serversoftware.

Für mein Setup habe ich mich für einen Intel NUC Mini-PC mit einem i5 Prozessor entschieden. 16GB Speicher und eine 120GB SSD Platte. Auf dem Gerät läuft eine Ubuntu 16.x Linux-Variante. Der kleine Server ist in meinem Heim-Netzwerk eingebunden.

Wichtig: Der Roon Core muss aufgedreht und online sein,  um Musik abzuspielen.

Roon Control Apps

Die Steuerung des Roon Systems kann über eine Control App erfolgen. Dieses Programm ist für Windows, Mac, Android und IOS verfügbar und ermöglicht die Steuerung der Musikwiedergabe und das Durchsuchen der Bibliothek.

Roon Outputs

Die Liste der Wiedergabegeräte für das Roon System ist bereits sehr lang und wird immer länger. Generell kann Roon auf jedem Gerät Musik wiedergeben, auf dem die Roon Control App installiert ist. Roon ist außerdem fähig mit Geräten zu kommunizieren, die Airplay unterstützen oder dem Squeezebox Ökosystem angehören.

Darüber hinaus gibt es Partnerunternehmen, die ihre Audio-Geräte (Streamer, DACs) mit dem “Roon Ready”-Siegel versehen. In der Liste finden sich bekannte Hersteller wie Linn, Audionet, Auralic, Bluesound, Elac, Moon, Naim, NAD, Oppo, KEF, Schiit, T+A, uvm.

Roon stellt mit dem Softwarepaket “Roon Bridge” die Möglichkeit zur Verfügung, de facto jedes Gerät mit dem Betriebssystem Windows, MAC oder Linux als Wiedergabegerät zu verwenden. Die Linux-Variante funktioniert auch auf kleinen ARM-basierenden Systemen wie Raspberry Pi, Cubox oder Wandboard. Speziell für den Raspberry Pi gibt es mittlerweile großartige Hardware, die hochwertige Audiowiedergabe auf verhältnismäßig günstiger Hardware ermöglicht.

Last but not least hat Roon kürzlich die Integration von Chromecast Geräten vorgestellt.

Die Musikbibliothek und -datenbank

Die Musikdaten können auf einer eigenen Festplatte, direkt auf dem Roon Core gespeichert werden, oder auf einem Netzwerklaufwerk (z.B.: auf einem NAS) zur Verfügung gestellt werden.

Roon importiert die Metadaten der Musikdateien in eine Datenbank. Die Inhalte der Musikdateien werden niemals (!) verändert – ein Umstand den ich als sehr beruhigend empfinde. Je nach Konfiguration des Systems ergänzt Roon die Metadaten aus den Musikdateien mit bestimmten Informationen aus fremden Datenbeständen. Die wichtigste Zusammenarbeit in diesem Bereich besteht derzeit mit der bekannten Plattform allmusic.com. Dort abrufbare Biografien, Rezensionen, Artworks, Lyrics und Fotos werden damit Bestandteil der Datenbank. Alle Informationen sind in Roon miteinander verlinkt und können dank der komfortablen Oberfläche bequem durchstöbert werden.

Ein positives Detail am Rande: viele User der sehr aktiven Roon Community melden Fehler in den Datenbeständen, die dann vom Roon Support an den Datenanbieter weitergemeldet werden.

Genres

Eines der komplexesten Themen im Bereich der Musikverwaltung ist das Thema “Genres”. Jeder Benutzer hat dabei seine eigene Logik und bestimmte Vorlieben oder Anforderungen. Zahlreiche Versuche eine für alle gültige Genre-Hierarchie zu etablieren sind in der Vergangenheit gescheitert. Der Zugang von Roon ist sehr ambitioniert, aber durchaus effektiv.

Der Benutzer hat die Möglichkeit die von allmusic.com verwendete Genre-Hierarchie zu übernehmen. Wem das, so wie mir, nicht passt, kann relativ bequem einen eigenen Genre-Stammbaum in Roon generieren.

Ähnlich verhält es sich mit den Genre-Zurordnungen der Alben. Der Benutzer kann die Vorschläge von allmusic.com übernehmen, oder ausschließlich mit dem Genre bzw. Style-Tags in den Dateien arbeiten. Diese Entscheidungen und Einstellungen können jederzeit abgeändert werden.

Dateiformate

Roon kann WAV, WAV64, AIFF, FLAC, ALAC (Apple Lossless) und OGG Audiodateien bis zu einer Auflösung von 32bit 768khz abspielen. Roon unterstützt die Wiedergabe von DSD64, DSD128, DSD256, and DSD512 als DSF und DFF Dateien. MP3 Dateien können natürlich ebenfalls wiedergegeben werden. Seit einem Update im Sommer 2018 unterstützt Roon auch die Wiedergabe von MQA Files.

Eine ganz wunderbare Sache an Roon ist, dass der Roon Core die abgespielte Audiodatei in Echtzeit in ein Format umwandelt, dass vom Endgerät auch verarbeitet werden kann. Ich kann damit zum Beispiel ein DSD128 Audio-File auf einem Sonos Gerät abspielen, obwohl Sonos nur die Wiedergabe von Audiodateien bis zu 16Bit/44kHz unterstützt.

Funktionen

Die Liste an Funktionen und Features ist sehr, sehr umfangreich. Eine Auflistung würde den Rahmen des Artikels sprengen. Einige Dinge möchte ich hier, basierend auf meinen Anwendererfahrungen, jedoch als Schlüssel-Features herausstreichen

  • Musikbibliothek: Mit der Roon Software wird das Verwalten und Durchsuchen von Musik auf eine komplett neue Stufe gehoben. Ich kenne kein vergleichbares Produkt. Die Filtermöglichkeiten sind zahlreich und können mit Inklusionen und Exklusionen beliebig angepasst werden.
  • Benutzeroberfläche: Obwohl es da oder dort sicher Verbesserungspotential gibt, gehört die Roon Benutzeroberfläche zu den gelungsten ihrer Art. Hat man sich einmal an die Logik gewöhnt, sind alle Arbeitsschritte schnell erledigt.
  • Internet Radio: Roon bietet derzeit nur eine sehr simple Möglichkeit Internet Radios einzubinden. In diesem Bereich gibt sicherlich noch Ausbaupotential. Die Basisfunktionalität ist aber vorhanden und funktioniert einwandfrei.
  • Radio Funktion: Die zugegeben etwas unglücklich betitelte Funktion “Radio” ist im Alltag ein sehr nettes Feature. Roon startet nach Ende der Wiedergabe einer Playlist oder eines Albums das sogenannte “Radio”. Basierend auf der zuvor durchgeführten Liedauswahl wird ähnliche Musik in einem Shuffle-Modus abgespielt. Der nette Nebenffekt: die Musik läuft weiter und Roon fügt regelmäßig schon lange nicht mehr gehörte Tracks in die Playlisten ein.  Die Funktion kann natürlich bei Bedarf deaktiviert werden.
  • Benutzerprofile: Roon erlaubt das Anlegen von verschiedenen Benutzern. Alle Benutzer greifen auf die gleiche Bibliothek zu, können aber die unten beschriebenen Funktionen wie “Favoriten”, “Tags”, “Playlisten” usw. individuell nutzen. Ideal für Familien.
  • Favoriten: Roon erlaubt mit dem “Herz-Symbol” die Markierung von Favoriten auf Künstler, Track oder Album Ebene.
  • Playlisten: Roon unterstützt das Erstellen von beliebig vielen Playlisten.
  • Tags: Zusätzlich den bereits erwähnten Metadaten kann man in Roon sogenannte “Tags” definieren. Diese Tags können Künstlern, Tracks oder Alben zugewiesen werden. Nach Tags kann beliebig gefiltert werden.
  • Zonen, Gruppierungen: bestimmte Wiedergabegeräte (sogenannte Zonen) können für gemeinsame Wiedergabe (Stichwort: Multiroom) gruppiert werden. Es ist auch möglich, laufende Wiedergaben von einer Zone in eine andere Zone zu transferieren.

Integration von Streaming Diensten

Derzeit hat Roon den Streaming Anbieter Tidal in das Ökosystem voll integriert. Die Gerüchte verdichten sich, dass in Kürze der französische Anbieter Qobuz voll in das Roon System eingebettet wird. Andere Portale wie highresaudio.com würden sich für eine Integration ebenfalls anbieten.

Roon Displays

Mit dem letzten Update im Oktober 2018 hat Roon die Möglichkeit sogenannte Display Zonen anzulegen. Wenn ein Display (z.B.: ein PC, ein Chromecast Gerät) einmal im System erkannt ist, können Artwork und Lyrics während der Wiedergabe an das Display gesendet werden.

Schwachstellen, Bugs & Fehler

Angesichts der Komplexität des Produktes ist es nicht verwunderlich, dass es natürlich auch genug Bugs oder unzureichend implementierte Features gibt. Roon wickelt den Support ausschließlich über die Online-Community ab und ist sehr bemüht. Das man es nicht immer allen rechtmachen kann, liegt leider in der Natur der Sache.

Eine der für mich gravierendsten Schwachstellen ist der Umstand, dass Roon die Genre-Zuweisung der Musik nur auf Album-Level und nicht auf Track-Level durchführt. Das klingt im ersten Moment nicht schlimm, hat aber für mich und meine Art Musik zu verwalten und konsumieren sehr negative Auswirkungen. Ich hoffe inständig, dass dieses Konzept in einem zukünftigen Release von Roon geändert wird.

Mein Fazit

Keine Frage, die Implementierung von Roon war teuer. Hard- und Software haben über EUR 1000,- gekostet. Ich möchte das Softwarepaket aber nicht mehr missen und bin mit dem Funktionsumfang und der Stabilität sehr zufrieden. Die von mir verwendeten Wiedergabegeräte (Linn Akurate DS, Sonos Multiroom System und ein Audiophonics RaspDAC) sind alle in Roon eingebunden. Meine Familie verwendet Roon dank der individuellen Nutzerprofile mittlerweile auch. Ich bin schon gespannt, welche Features und Integrationen Roon zukünftig noch ermöglichen wird.